Der Anfang

Es ist der siebzehnte August 2017. Und ich komme nach drei Tagen in Deutschland wieder nach Hause, nach Prag zurück. Nach Hause? Wirklich? Ist das Land, in dem ich mich in letzter Zeit immer unwohler fühle, wirklich mein Zuhause? Das Land mit gerade zwölf aufgenommenen Syrien-Flüchtlingen und gleichzeitig das Land, in welchem die Leute fast panische Angst vor Überfremdung durch den Islam haben? Das Land, das langsam aber sicher den Weg des östlichen (Ungarn, Polen usw.) Populismus geht?
Oder ist Deutschland, mit all dem artigen und einwandfreien Verhalten, dem Nicht-bei-Rot-über-die-Straße-gehen, den Fahrradhelmen und Ganzkörperprotektoren mein Zuhause? Mit einer politischen Korrektheit, die an Stillstand grenzt? Mit einem Lächeln, hinter dem Wut steckt? Fragen über Fragen.

Und so, irgendwo zwischen Nürnberg und Pilsen, bei (nicht korrekten) 150 km/h, beschließe ich, diesen Blog zu schreiben. Nach neun veröffentlichten Büchern, nach mehr als vier hundert Zeitungs- und Magazinartikeln. Alles auf Tschechisch. Wie schade.

Ich schreibe diesen Blog, weil ich sowohl mein „Bio-Land“ Tschechien, also das Land meiner Vorfahren, wie auch mein „Wahl-Land“ Deutschland liebe. Ich kann mir nicht helfen. Und ich will mir nicht helfen, denn auf beiden Seiten gibt es massenhaft Gutes, Wahres, Schönes. Ich schreibe diesen Blog in der Hoffnung, dass es mir gelingen könnte, ein wenig von der tschechischen Anarchie und der „Ordnungs-Widrigkeit“ gen Westen zu transportieren. Das hiesige (ich schreibe gerade in Prag) Gefühl für die mythologische, magische Wahrnehmung der Realität nach Deutschland zu bringen. Und umgekehrt – die deutsche Verträglichkeit, die (Fremden-)Freundlichkeit, die Verantwortung nach Tschechien zu bringen. Natürlich ist mir bewusst, dass ich nur eine kleine Ameise bin. Dazu eine alte und oft schon müde Ameise. Die in einem riesigen Ameisenhaufen lebt. Und schreibt. Und hofft, dass es ein wenig hilft. Mir und meinen Mitmenschen.

Und hier noch eine Abkühlung für die heißen Sommertage: Mein Garten (bei Prag) im Winter.

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